Allgemeiner Streifzug durch die Vereinschronik

Bei diesem allgemeinen Streifzug durch die Vereinsgeschichte sollen soweit als möglich wörtliche Wiedergaben und Zitate aus den Protokollbüchern und sonstigen Abhandlungen über Verein und Musikkapelle verwendet werden. Dies trägt zur Belebung bei und zeigt am Besten die jeweilige Situation und den Zustand des Vereins. 

„Es war im Sommer 1844”, so weiß der Chronist des Vereins, der damalige Lehrer Vogt von Weissenau, zu berichten, „als sich der in Blüte befindende private Blechmusikverein in Ravensburg, genannt „die Wilden“, verschiedener Zerwürfnisse wegen auflöste. Bei diesem Verein befand sich auch als Mitglied aus hiesiger Pfarrei Christian Marschall, welcher mit Leib und Seele Musiker war. Er konnte es nicht über sein musikalisches Herz bringen, nicht bei einer ordentlichen Gesellschaft mitwirken zu können. Bei seiner Arbeit auf der Straße, – er figurierte als königlicher Wegknecht – zu Hause und nachts im Bett ließ ihm der Gedanke keine Ruhe, einen neuen Verein für Blechmusik zu bilden. Sein Mitarbeiter auf der Straße, Johann Georg Haller von Torkenweiler erfuhr zuerst die Pläne des Marschall und hierauf zog er mich, den Schreiber dieses und J. B. Brendle von hier zu Rate.“ Anfangs Dezember 1844 gingen die vier unter Leitung von Vogt nun an die Ausführung und suchten in der Pfarrei und ihrer Umgebung, besonders in Hegenberg, nach geeigneten Kräften. „Gleich Sonntags darauf nach dem Morgengottesdienst luden wir alle, welche wir als Anwesenden versprachen, treulich in Freud und Leid zusammenzuhalten und alles beizutragen, was zum Wohle der Gesellschaft dienen könnte. Es wurde eine sechswöchige Probezeit festgesetzt, nach welcher Zeit jedes Mitglied entweder seinen bestimmten Eintritt oder seinen Austritt melden solle. Keiner trat aus, sondern die Gesellschaft erhielt noch ein weiteres Mitglied, so daß es 14 waren. Schon zum Silvesterabend des Jahres 1844 war die Gruppe dank unermüdlicher Proben soweit, daß sie dem Pfarrherrn von Weissenau ein Ständchen bringen konnten. Unter einem glücklichen Stern stand auch die Weiterentwicklung des Vereins.“

Die Ravensburger waren nicht sonderlich erfreut, als knapp zwei Jahre nach der Auflösung ihrer „Wilden“ die Weissenauer ihr erstes Kassenkonzert samt Ball in den Dreikönigen gaben und von da ab regelmäßig auf der Veitsburg konzertierten. Ein Konzert vor den Offizieren zu Weingarten, die zum Manöver dort weilten, befestigte den Ruf der Kapelle. 1847, am 15. Juni, rückte sie an der Spitze der Ravensburger Bürgergarde aus, da König Wilhelm I. Bahnbau und Bahnhof besichtigte. Ebenso am 23. Juni vor dem Kronprinzen Karl und der Kronprinzessin Olga.

Um das Jahr 1850 muss Vogt, neben Marschall die Seele der Gesellschaft, entweder verstorben oder verzogen sein. Vom Jahre 1853 hören die Berichte überhaupt auf. Offenbar traten Rückschläge im Vereinsleben ein. Ein Protokoll von 1857 enthält die Versteigerung von 12 Musikinstrumenten.

Nach der Neugründung der „Musikgesellschaft Sternberg“ im Jahre 1889 war es wieder ein Marschall, Josef Marschall aus Fidazhofen, der über 30 Jahre die Geschicke von Verein und Kapelle überaus erfolgreich führte und dessen Wirken in der Chronik immer wieder ausführlich gewürdigt wird. Auch dem alten Namen „Zum Stern“ mussten die Weissenauer nicht ganz untreu werden, klang er doch wieder in dem neuen Namen, den sich der Verein gab: Musikgesellschaft Sternberg, genannt nach der gräflich Sternberg´schen Herrschaft, die nach Säkularisation 1803 eine Zeit lang Besitzerin des Klosters Weissenau gewesen war. Noch heute wissen alte Leute in der Umgebung von Weissenau zu erzählen, dass wer sich gute Musik leisten wollte, die „Sternberger“ holte.

„Der Geist treuer Kameradschaft aus der Gründerversammlung blieb im Verein lebendig und drängte zu einem äußeren sichtbaren Zeichen, einer Vereinsfahne, die 1901 erworben wurde“. Die feierliche Fahnenweihe erfolgte am 29. Juni 1901.

Im Frühjahr 1914 rüstete sich der Verein zu einer würdigen Feier seines 25 jährigen Bestehens. Die „einträgliche Zusammenarbeit während so vieler Jahre und die erzielten Erfolge hätten eine solche wohl gerechtfertigt. Da kam der 1. Weltkrieg und machte allen Plänen ein Ende“. Die erste Plenarversammlung nach dem Krieg fand erst wieder am 11. Januar 1920 statt. Nach dem Krieg nahm die Kapelle erstmals wieder ihre Tätigkeit bei der von der Gemeinde veranstalteten Empfangsfeier zu Ehren der heimgekehrten Krieger am Neujahrsfest 1919 auf.

Ein großer Meilenstein in der Vereinsgeschichte war die Feier des 40 jährigen Vereinsjubiläums am 6. und 7. Juli 1929. Zwei Jahre nach dem Jubelfest von 1929 wurde in Mariatal ein Gedenkstein gesetzt. „Es sollte dadurch derer gedacht werden, die die Gründung der Musikkapelle Sternberg bewerkstelligten und diesen verstorbenen Gründern solle aus Dankbarkeit ein für die Nachwelt erkennbares Denkmal geweiht werden.“ Das nächste große Fest wurde aus Anlass des 50 jährigen Vereinsjubiläums am 8. und 9. Juli 1939 gefeiert.

Im Laufe der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts machte sich auch bei den Vereinen der Einfluss des Nationalsozialismus bemerkbar. Die Musikkapelle Sternberg fand Verwendung als S.A.-Kapelle. Sie wurde in die nationale Front der NSDAP eingegliedert und zur Sturmbannkapelle II.R.414 erklärt. In Folge der schicksalsschweren harten Kriegszeit (2. Weltkrieg) und in Folge „der militärgesetzlich bedungenen Auflösung des Vereins“ musste der Musikverein seine Tätigkeit von 1939 – 1947 einstellen. In dieser Zeit unterblieben deshalb auch die Einträge im Protokollbuch. Der damalige Schriftführer Philipp Brauchle dokumentierte dies in der Chronik durch zwei geschwärzte Seiten. Zur Unterstützung der Kriegswirtschaft musste der Verein eine sog. Reichsmetallspende leisten. Abgegeben wurden dazu 4 Pokale, 1 Paar nicht mehr brauchbare Trommelbecken, 1 alte Posaune und 1 altes Flügelhorn. Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde rasch wieder mit dem Neuaufbau des Musikvereins begonnen. Unter Mithilfe des Bürgermeisteramts Eschach konnte erreicht werden, dass durch Genehmigung der französischen Besatzungsbehörden und der Vermittlung des Landratsamts der Musikverein Sternberg wieder neu gegründet werden konnte.

Gleich 3 festliche Anlässe führten die Weissenauer am 22. Mai 1971 in der Turn- und Festhalle zusammen: Landrat Oskar Sailer konnte der Kapelle die vom damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann für über hundertjährige Verdienste der Volksmusik gestiftete „Pro Musica Plakette“ überreichen. Bei dieser Gelegenheit wurde dem langjährigen Dirigenten Bernhard Keßler die Ehrenbürgerwürde der Gemeinde Eschach verliehen. Nicht zuletzt wurde auch das 125 jährige Gründungsjubiläum der Musikkapelle begangen.

Ein trauriges Ereignis war am 10. Dezember 1982 zu verzeichnen. Der Brand des Probelokals. Das Probelokal im alten Torschulgebäude brannte großteils aus. Instrumente und Notenmaterial wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Ein im wahrsten Sinne des Wortes schwarzer Tag in der Geschichte des Musikvereins.

Ein weiterer Meilenstein aus neuester Zeit konnte der Musikverein mit der Einführung des Torplatzfestes in Weissenau setzen. Man kann fast sagen, hier wurde eine Marktlücke entdeckt. Seit seiner Einführung im Jahre 1989 ist das Fest ein wichtiger Termin im Veranstaltungskalender der Ortschaft.

Seit 1990 bereichern die Rathauskonzerte die musikalische Landschaft in und um Ravensburg. Der Musikverein ist auch hier immer wieder ein gern gesehener, und vor allem gern gehörter Gast.

Ein nicht mehr wegzudenkender Höhepunkt im Jahresablauf ist die Teilnahme der Kapelle am Blutritt in Weingarten. Schon ein Jahr nach der Gründung 1845 nahm die Musikkapelle zum erstenmal an der Blutreiterprozession teil. Dieser Auftritt brachte ihr dann auch den Namen „Zum Stern“ ein, wegen der silbernen Sternchen, die alle Mitglieder an ihren Mützen hatten. Fortan war die Kapelle jährlich in Weingarten bei der Heiligblutprozession zu finden. 1954 erhielt die Musikkapelle eine Ehrenurkunde für die 100jähre Teilnahme am Blutritt.

Für die Musikkapelle ist es eine Selbstverständlichkeit, jedes Jahr beim Rutenfest mitzuspielen. Genauso selbstverständlich war über 7 Jahrzehnte, dass unsere Kapelle auch im Bärengarten über das ganze Rutenfest hinweg spielte. Nach einigen Jahren der Pause spielen wir dort wieder regelmäßig nach dem Rutenfestumzug.

Festzuhalten ist auch, dass die Musikkapelle innerhalb von 80 Jahren (1889 – 1979) nur drei Dirigenten gehabt hat und diese alle aus eigenen Reihen.

Schon immer veranstaltete die Musikkapelle Sternberg regelmäßige jährliche Konzerte wie die sog. Abonnementskonzerte in Ravensburg oder später Herbst- und Fastnachskonzerte. 1966 wurde das erste Wunschkonzert abgehalten. Diese erwiesen sich als große Renner sowohl in musikalischer als auch in finanzieller Hinsicht.

Die frühe Gründung der Musikkapelle Sternberg hat es zwangsläufig mit sich gebracht, dass sie vielen Musikkapellen in der näheren und ferneren Umgebung Pate gestanden hat, sei es bei Gründungen oder sonstigen Vereinsjubiläen. Wenn die Chronik stimmt, waren es insgesamt 14 solcher Patenschaften.

Obwohl die Musikkapelle Sternberg schon 1844 gegründet wurde, nahm sie nachweislich erst 1908, also 64 Jahre später, zum ersten Mal an einem Wertungsspiel teil. Zu diesem ersten Erfolg kamen in den nächsten Jahrzehnten weitere hinzu. In der Zeit von 1908 – 1992 errang die Kapelle bei insgesamt 31 Wertungsspielen immer gute bis sehr gute Benotungen.

Bleibt zum Schluss nur noch zu hoffen, dass der Musikverein Sternberg weiterhin „Hüter und Träger eines alten Erbes, einer Tradition bleibt, wie es kaum ein schwäbischer Musikverein aufzuweisen hat“ (Auszug aus dem Bericht zum 40-jährigen Vereinsjubiläum).